Als der Franzose Adolphe Sax 1846 das Saxophon zum Patent anmeldete, war das Wort Phono für Produkte den Meisten noch nicht so bekannt wie heute. Wir alle kennen die Wörter Grammophon, Telefon etc., die alle später entstanden sind. Als Edison den Phonograph (Klangschreiber auf Rollen) 1877 patentieren liess, gab es das Saxophon schon eine Generation lang.
Das ursprünglich griechische Wort „phon“ meint Stimme, Laut oder auch einfach Ton (akustisch). Daraus abgeleitet kennt die Wissenschaft die Begriffe Phonetik (Lautlehre bezüglich Sprache) und Phonologie (auch sprachlich, eher im Bereich Grammatik, Syntax). Die Einheit Phon wird durch die Norm ISO 532 definiert. Der Wert in Phon gibt an, welchen Schalldruckpegel (in dB) ein Sinuston mit einer Frequenz von 1000 Hz besitzt, der gleich laut empfunden wird wie das eigentliche Schallereignis, das eine andere Frequenz besitzt.
Damit ist schon genügend gesagt, um zu erkennen, dass das Saxophon spielen extrem viel mit der menschlichen Stimme und Sprache zu tun hat. Einerseits, weil das breite Klangspektrum nahe an dasjenige der menschlichen Stimme gelangt (und manchmal Tontechniker nahe der Verzweiflung bringt), andererseits weil ein guter Ton und besonders gute, volle und gut intonierte hohe Töne (auch Falsett) nur gelingen, wenn der ganze Stimmapparat in die Tonerzeugung mit einbezogen wird. Einfach gesagt: Es hilft enorm, wenn der Saxophonist / die Saxophonistin die zu spielenden Töne auch mit vollem Ton singen kann, bei fortschreitendem Können sowohl den exakt gleichen Ton während dem Spielen erzeugen, aber auch bewusst andere Töne singend hinzufügen kann in bestimmten Intervallen. Der gesungene Ton kann dabei bewusst mitklingen (gute Beispiele finden wir von Roland Kirk oder Eddie Harris) oder auch stumm bleiben, dabei aber die Anatomie des Stimmapparates (von der Lunge, über den Kehlkopf, die Stimmbänder, der Rachen und die Zunge) so eingestellt bleiben, als wollten sie eben einen bestimmten Ton singen, welcher aber nicht erklingt während dem Spielen eines Tons auf dem Saxophon. Keine Scheu: Dazu muss der/die Saxophonist*in nicht unbedingt speziell gut singen können und zum/zur Sänger*in werden, sondern ein gutes Gehör für Intervalle und Intonation haben. Wobei es in vielen Fällen nicht einmal wichtig ist, dass exakt intoniert wird, sondern der Stimmapparat in ungefähr auf die zu spielende Tonhöhe „eingestellt“ wird.
Etliche Autoren widmen sich mit Studien und Etüden den Altissimo- bzw. Falsett-Registern auf dem Saxophon und geben Übungen vor zur Erzeugung von Obertönen. Die Wenigsten aber bieten mehr als Etüden und Grifftabellen und gehen viel zu wenig auf den Aspekt der Lauterzeugung und des Singens ein. Ein gutes Beispiel einer Studie für den guten und flexiblen Saxophon-Ton bietet David Liebmann in: http://davidliebman.com/home/liebstore/developing-a-personal-saxophone-sound/
Obertöne oder Naturtöne sind aus physikalischer Sicht gesehen immer ganzzahliges Vielfaches des Grundtones und stehen in Harmonie mit Naturgesetzen. Es macht also Sinn, wenn man auch ein Hörtraining stetig absolviert, um die genauen Intervalle zu hören und zu erkennen. Denn genau diese sollten wir auch singen können, wenn wir die entsprechenden Obertöne der Stimme oder dem (Blas)Instrument entlocken wollen. Beim Obertonsingen kann man den Effekt ohne Instrument einmal versuchen zu hören: Ich singe einen Ton und wechsle dabei ganz langsam zwischen den zwei Vokalen U zu Ü bis ich die am meisten hörbare Obertöne im Klang erkenne. Nachdem ich diese Übung gemeistert habe mache ich dieselbe Übung, bewege dazu langsam die Zunge nach oben, als wollte ich L aussprechen. Es erklingen Laute, wie wenn Stan Laurel von Dick & Doof seinen typischen Panik-Ton schreit.
Beispiele fürs Obertonsingen:
https://www.youtube.com/watch?v=WUeJkUYAijw
https://www.youtube.com/watch?v=vC9Qh709gas
Mit dieser Erkenntnis und Gespür für die Beeinflussung des Klangs der Stimme durch Silben versuche ich das Ganze während dem Blasen von Tönen am Saxophon: Dabei hilft es, wenn man zuerst die ganz tiefen Töne bläst und versucht mittels Änderung der Vokale und der Vorstellung, man wolle einen bestimmten Naturton/Oberton singen, diese Intervalle „hervorzuholen“. Dabei klingen manchmal zwei, ja sogar drei Töne gleichzeitig. Man muss sich stetig Silben vorstellen wie zwischen ü und i oder man spielt ins Instrument uns stellt sich z.B. das englische Wort „bird“ vor mit dem speziellen i, das fast wie ein ö klingt. Wenn es mal klappt und der Oberton erklingt, unbedingt Position der Zunge und Silbe merken und da weiter versuchen. Nicht verzweifeln, wenns nicht auf Anhieb klappt. Instrument weglegen, wieder singen und die Naturtonreihe innerlich hören bzw. diese auch zu singen.
Es gibt auch die Phoniatrie, nein keine Heilmethode für verzweifelte Saxophonist*innen, sondern eine medizinische Fachrichtung, die sich mit der Anatomie der Stimme bzw. mit dem Heilen von beschädigten Stimmen oder Stimmfähigkeiten beschäftigt…